Irgendwo, irgendwann ist mir mal die Theorie zugeflogen, dass jedes Kind einmal in seinem Leben eine heisse Herdplatte anfasst.
Die Erklärung hinter dieser Theorie ist relativ simpel – es gibt Dinge, die kann man nicht durch Erklären lernen, sondern muss sie selber erleben. Woher soll das Kind wissen, was „Vorsicht heiss“ bedeutet, wenn es sich noch nie die Finger verbrannt hat?
Darum: Herdplatte.
Und wenn Mami oder Papi dann genervt sagt „ich hab’s dir doch gesagt“, ist das zwar verständlich, aber trägt nichts zum Thema bei, weil erklären allein reicht halt manchmal einfach nicht aus. Mami/Papi muss es für das eigene Seelenheil natürlich trotzdem sagen. Und damit das Kind lernt, auf die Eltern zu hören.
Meine Theorie geht ungefähr so, dass es im Leben eines Menschen eine bestimmte Anzahl Herdplatten-Situationen gibt, die man zwingend oder je nach Persönlichkeit und Umfeld mitnimmt. Klassiker sind z.B.:
- Die Kilopackung Gummibärchen, die so gut schmecken, dass man von denen ganz sicher nicht kotzen muss.
(Traditionelle Schweizer Alternative: nach zwei Tafeln Militärschoggi tagelang mit Tränen in den Augen auf dem Topf sitzen und nichts passiert) - Ein paar Jahre später dasselbe mit Alkohol.
- Die erste Liebe, die eindeutig unendlich und für immer ist, die noch nie vorher ein Mensch so gefühlt hat, und die darum von den Erwachsenen auch nicht verstanden oder hinterfragt werden kann.
- (Auf der Sonnenseite ist es dafür so, dass unsere „Kleine“ sich nie mehr über die Unnötigkeit von Sex ausgelassen hat, seit sie selber welchen hat.)
Die Anzahl solcher Situationen hängt stark vom Umfeld und der Persönlichkeit ab. Ist das „Kind“ grundsätzlich mit einem gesunden Misstrauen und einem gut entwickelten Forscherdrang ausgestattet, könnte man die Liste z.B. noch so ergänzen:
- Schulden machen, um einem „Freund“ Geld auszuleihen, damit der seine Schulden beim Dealer bezahlen kann (weil sonst will ihm niemand mehr helfen und es sind die letzten Schulden, die zwischen ihm und einem neuen Leben stehen);
- den Freund ganz kurz ohne Gummi reinlotsen lassen, weil so kurz wird schon nichts passieren.
Einen „Freund“ mit zwei gebrochenen Armen und eine Sprechstunde in der Apotheke für die Pille danach später steht fest: der Chinese, der den Fluch „mögest du interessante Zeiten erleben“ erfunden hat, hatte ganz sicher auch Kinder.
Für die Eltern bleibt eigentlich nur die Aussicht auf die bittersüsse Bestätigung, wenn die Kinder zwanzig Jahre später sagen: „du hattest Recht.“ Halten wir uns diesen Moment vor Augen und denken wir daran, dass wir sie eigentlich trotz allem ganz doll lieb haben.
Und dass die Natur es für das Überleben der Menschheit verdammt schlau eingerichtet hat, dass Teenies nicht mehr durch die Babyklappe passen.