In meinem Zimmer hängt ein Foto von „unseren“ drei Kids. Der Grossen habe ich mit Edding Teufelshörner und einen gezackten Schwanz angemalt (was übrigens ehrlich gar nicht mal so schlecht aussieht).

Zu meiner Verteidigung – zumindest theoretisch wird sie das Bild nie sehen, da sie nicht mehr bei uns wohnt und mein Zimmer für sie sowieso absolute Sperrzone ist.

Die Gründe dafür sind viele. Der Vollständigkeit halber sollte man natürlich erwähnen, dass sie über ein Jahr lang nichts unversucht gelassen hat, um meine Beziehung mit ihrer Mutter zu zerstören und mich aus der Familie rauszumobben, und dabei beinahe die ganze Familie auseinander gerissen hat.

Nicht, dass sie grundsätzlich gegen mich gewesen wäre – sie hat sich von mir immer gern Möbel zusammenbauen, ihre Geburtstagsparty organisieren oder sich rumfahren lassen, sich bei mir über Jungs und Familie ausgekotzt und Rat geholt usw. Grundsätzlich hat sie sich glaube ich auch gefreut, dass ihre Mutter wieder verliebt war. Sie hatte halt nur sehr genaue (und unverhandelbare) Vorstellungen davon, wie ihre Mutter ihre Beziehung zu leben hat. Zum Beispiel durften wir keinen Sex haben wenn sie auch zuhause war, Händchenhalten in der Öffentlichkeit war streng verboten und der uneingeschränkte 24/7-Zugang zu ihrer Mutter hatte grundsätzlich Priorität über unsere eigenen Pläne. Diese Regeln wurden von ihr auch streng kontrolliert und Verstösse (dies es häufig gab, weil WTF?) umgehend mit Psychoterror geahndet. Gesprächsversuchen begegnete sie von Anfang an grundsätzlich mit ausweichenden Antworten oder Listen von psychischen Störungen, die wir Erwachsenen haben.

Dabei hat sie es so weit getrieben, dass ihre Mutter (mein Schatz) monatelang kaum mehr zuhause war, weil sie sich dort nicht mehr wohl gefühlt hat. Zu den besten Zeiten hatte sie regelmässig Alpträume und wachte mitten in der Nacht schreiend oder weinend auf. Darunter haben natürlich auch unsere Beziehung, ihre Arbeit und die beiden Kleinen massiv gelitten.

Um die letzten Weihnachten herum, als die Grosse anfing, bei „Verstössen“ ohne Vorwarnung ihre Mutter zu schlagen, mussten wir die Tatsache dann langsam akzeptieren, dass sie sich von der Entscheidung „entweder er oder ich“ nicht wird abbringen lassen. Also wohnt sie jetzt beim Vater und hatte bei uns lange Zeit Hausverbot.

Von der Diskussion um die Ursachen für diese Geschichte mal abgesehen, scheint sie unserer Beziehung inzwischen zwar nicht viel grosszügiger gegenüber zu stehen, aber zumindest haben die acht Monate Auszeit sie anscheinend genug weichgekocht, dass sie sich auf Gespräche einlässt. Mit ihrer Mutter war sie inzwischen schon zweimal beim Therapeuten und scheint zum ersten Mal seit fast zwei Jahren zum Zuhören bereit zu sein. Der nächste Schritt wäre ein Gespräch mit mir.

Wie fängt man also ein Gespräch mit jemandem an, mit dem man eigentlich gar nicht reden will?

Zu meiner Verteidigung: ich habe über ein Jahr lang alles versucht. Sie und ich hatten anfangs auch gute Zeiten, bis wir wegen ihrer blöden Regeln immer häufiger aneinander geraten sind. Z.B. hat sie uns verboten Sex zu haben wenn sie zuhause ist (und das auch jedes einzelne fucking Mal aktiv kontrolliert & gestört), fand es jedoch okay, wenn sie und ihr Freund in meiner Dusche gebumst haben. Oder ihre Regeln, wann und wie oft wir uns küssen oder umarmen dürfen, und wie viel Zeit (am Stück und pro Woche) wir zu zweit verbringen dürfen. Und wer sich nicht an diese Regeln halten wollte, dem hat sie das Leben sehr systematisch zur Hölle gemacht.
Sie als Kind und wir zwei als Erwachsene. Finde den Fehler.

Das Einzige, was den Terror je stoppen konnte, war eine erzwungene mehrwöchige Kontaktsperre nach jedem Wutanfall.

Für mich war es also zwar einerseits schade, dass kein Frieden möglich war… aber andererseits hatten wir es endlich, endlich so unglaublich friedlich und harmonisch, seit sie ausgezogen (worden) ist. Plötzlich waren wir eine Familie, konnten Dinge zusammen unternehmen, ohne dass wir verkracht und angepisst frühzeitig wieder nach Hause fahren, und uns zuhause wieder wohl fühlen. Meinetwegen kann es also gern so bleiben!

Trotzdem haben wir morgen unser erstes gemeinsames Gespräch seit… hmm, fast einem Jahr, und das letzte „Gespräch“ lief nicht so gut. Diesmal wird es allerdings von unserem Familientherapeuten geleitet werden, d.h. es besteht eine 5%-Chance, dass es nicht schon während der ersten zwei Minuten eskaliert.

Für mich ist diese Annäherung eine besondere Herausforderung, da die Leute, die ich einmal aus meinem Leben aussortiert habe, in der Regel für lange Zeit aussortiert bleiben. Denn nach so und so vielen gescheiterten Versuchen muss man sich ja irgendwann eingestehen, dass das höchstwahrscheinlich einfach nichts mehr wird. Ich habe genug Menschen um mich herum, die mein Leben bereichern. Warum sollte ich meine Zeit und Energie stattdessen in die wenigen Menschen stecken, von denen ich immer und immer wieder die Erfahrung gemacht habe, dass der Kontakt mit ihnen ein emotionales Verlustgeschäft ist?
Dementsprechend ist meine Strategie, den ungewünschten Konflikt zu vermeiden, indem ich diese Personen möglichst aus meinem Leben fernhalte.

In diesem besonderen Fall funktioniert diese Strategie natürlich nicht, wenn man nicht die ganze Familie auseinander reissen will. Und wer will das schon.

Friedensverhandlungen

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